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Beschreibung eines Wracktauchgangs an der Sten Trans:

 

Wir hatten die GPS-Position fast erreicht. Die Maschinen unseres "Tauch-Kutters" stoppten auf, am Heck des Schiffes fing das Wasser an zu schäumen und wir wurden langsamer. Alle starrten wie gebannt auf das Grafikecholot in der Brücke und plötzlich erhob sich vom Grund der Ostsee in 21 Metern Tiefe etwas Riesiges auf dem Bildschirm. Dann gab das GPS einen schrillen Alarmton von sich, unser Skipper Otto brüllte ein Kommando und ein 20Kg schwerer Sinker mit 30 Meter Leine und einer großen, roten Boje, ging direkt über dem Wrack der Sten Trans über Bord. "Das hat gesessen" rief Otto und aus Erfahrung wussten wir, dass er ein Wrack nur selten verfehlte. Mein Tauchpartner und ich legten auf dem schwankenden Schiff unser "Tauch-Gepäck" an, welches alles in allem ca. 40Kg wog. Ich merkte, wie mein Puls schneller wurde........was uns da unten wohl erwartete?

 

Wir waren startklar und saßen auf der Bordwand, der Skipper manövrierte die Sturmvogel vor die Markierungsboje
und auf sein Zeichen ließen wir uns rückwärts über Bord kippen. Einmal im Wasser musste es schnell gehen, da die Oberflächenströmung der Ostsee sehr stark sein kann. Wir ließen uns auf die Boje treiben, gaben uns ein kurzes "OK" und dann ging es kopfüber am Seil in die Tiefe.

 

In ca. 7 Metern Tiefe durchbrachen wir die flimmernde Sprungschicht und die Wassertemperatur sank auf 8C° ab. Es wurde schnell dunkel um uns. Bei 12 Metern drehte ich mich um, mein Buddy war direkt hinter mir und die Oberfläche war nicht mehr zu erkennen, wir waren mitten in der Ostsee, es herrschte Totenstille und mein Adrenalinspiegel stieg. Wir erreichen bei 21 Metern den Grund. Der Sinker war mitten in einem Trümmerfeld aus Wrackteilen eingeschlagen. Wir checkten unsere Instrumente, orientierten uns und dann konnten wir es plötzlich sehen. Vor uns erhob sich das mächtige Heck der Sten Trans im schummrigen, grünen Restlicht der Ostsee. Wir stiegen bis zur Reling auf und sahen die Aufbauten und die Brücke. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, als wir mit unseren Scheinwerfern das Innere der Brücke beleuchteten. Was hier wohl in der Nacht am 13.03.1976 vor sich ging, kurz bevor das Schiff in einem Sturm sank?

 

 

Wir hatten ca. 10 - 12 Meter Sichtweite. Die Sten Trans lag leicht zur Seite geneigt auf dem Grund der Ostsee vor uns. Mit ihren 1233 Bruttoregistertonnen und einer Länge von 65 Metern, war sie wahrlich kein kleines Schiff. Wir tauchten an der Steuerbordseite in Richtung Bug. Das Wrack war dicht mit großen Seenelken bewachsen, die die unterschiedlichsten Farben hatten. Einige von ihnen hatten sich eingezogen und verbargen so ihre Schönheit. Sie fischten mit ihren filigranen Armen Plankton aus der Strömung und erschienen für diese raue Umgebung viel zu zerbrechlich. Das Schiff war über die Jahre zu einem künstlichen Riff geworden, an dem es vor Leben nur so wimmelte. Während wir dem Bug entgegen tauchten, beleuchteten unsere Lichtkegel an der Bordwand wunderschöne Stämme der weißen und gelben Toten Mannshand. An einigen Stellen wuchsen große Schwämme. Oft musste man nur genau hinsehen um überall auch die kleinen Attraktionen zu sehen. So fielen uns die kleinen rosaroten Nacktschnecken und die kleinen Polypen erst bei genauerem Hinsehen auf. Auch Wellhornschnecken und Einsiedlerkrebse waren an dem Wrack keine Seltenheit. Als wir am riesig erscheinenden Bug des Wracks ankamen, beleuchteten unsere Lampen einen kleinen Dorschtrupp, der in einer dunklen Ecke unter dem Bug stand. Unser Auftauchen löste eine Panik unter den Dorschen aus und sie verschwanden in einer Wolke aus aufgewühlten Sedimenten in der Dunkelheit der Ostsee. Auf der anderen Seite des Bugs entdeckten wir eine große, farbenprächtige Anemone mit ihren fleischigen Armen. Auf dem Rückweg an der Backbordseite bemerkten wir die vielen Pilker, die hier von Anglern abgerissen wurden. An der Bordwand entdeckten wir auch einen Röhrenwurm, der sich direkt nach dem Blitz meiner Kamera in seine Röhre zurück zog. Dann zogen die großen Laderäume der Sten Trans unsere Aufmerksamkeit auf sich. Mein Tauchpartner ließ sich in einen absinken und von oben sah ich nur noch den Lichtkegel seiner Lampe. Als wir wieder an den Aufbauten ankamen, waren wir schon 50 Minuten unten. Wir leuchteten noch einmal in den Maschinenraum hinein, der tief ins Wrack reichte und begannen dann langsam mit dem Aufstieg am Seil.

Langsam drang durch das Dunkel der Tiefe das Licht der Oberfläche. Wir hängten uns in 5 Metern mit den Karabinern unserer Reels an das Seil und machten unseren Stop. Sonnenstrahlen tanzten durch das Wasser und einige Ohrenquallen zogen mit den pumpenden Bewegungen ihrer Schirme an uns vorbei. Als wir die Oberfläche durchbrachen, hatte Otto die Sturmvogel in einiger Entfernung in Position gebracht. Wir ließen das Seil los und die Strömung trieb uns direkt auf die Leiter an der Backbordseite zu. Wir wuchteten uns an der Leiter aus dem Wasser und entledigten uns an Deck unserer schweren Ausrüstung. Während wir noch unsere Entdeckungen austauschten, wurde uns ein Teller Erbsensuppe gereicht und somit widmeten wir uns nach einem überwältigendem Tauchgang erst mal unserem leiblichem Wohl und freuten uns schon auf das nächste Wrack.

 

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